Homöopathische Arzneimittellehre

Dr. W. Mettler

Helleborus niger

Christrose, Fam. Ranunculaceae

Die Wirkung von Helleborus zeigt sich besonders am zentralen und peripheren Nervensystem und an den Nieren.
Zustände herabgesetzter Vitalität, Reaktionsmangel, progressive Schwäche, Abmagerung.
Hahnemann schreibt: „Abstumpfung des inneren Gefühls, wo man bei guter Sehkraft nur unvollkommen sieht und das Gesehene nicht achtet; bei guten Gehörwerkzeugen nichts deutlich vernimmt; bei guten Geschmackswerkzeugen an nichts Geschmack findet; immer oder oft gedankenlos ist, sich des Vergangenen oder kurz vorher Begegneten weniger oder nicht erinnert; an nichts Freude hat, nur leicht schlummert, ohne fest und erquickend zu schlafen; arbeiten will, ohne Aufmerksamkeit oder Kräfte dazu zu haben“.

Apathie, Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit, Indifferenz gegen allen Dingen, die früher wichtig waren (Sep., Syph...).
Spricht und antwortet langsam; geistesabwesend;
Konzentration schwierig; in Gedanken versunken (Nux-m., Phos., Sep...).
Gedächtnisschwäche für aktuelle Gegebenheiten, was er gehört, gelesen, gesagt oder getan hat, was er sagen oder tun wollte (Med., Cann-i., Nux-m...).
Stumpfe Sinne, träge Reaktionen, Automatismen, läßt Dinge fallen, stolpert usw.
Melancholie, Depressionen, Lebensüberdruß, Verzweiflung, Selbstmordneigung durch Ertränken (Aur., Ars., Nat-m., Psor...).

Folge von Kopfverletzungen, Gehirnerschütterungen, Geburtstraumen, auch pränatale Traumen in der Anamnese (Arn., Carc., Cic., Hyp., Nat-m., Nat-s...).
Epilepsie, Schizophrenie nach Commotio.
Geistige Demenz beim Arteriosklerotiker. Idiotie. Imbezillität.
Hydrozephalus; Hirnödem nach Impfung (Apis...). Cri enzephalique (Apis., Glon., Zinc...).
Hydrozephalus nach tuberkulöser Meningitis (Calc., Jodof., Tub., Zinc...).
Meningitis cerebrospinalis (Bell., Stram...); zentrale Krampfanfälle, Kissenbohren, Kopfrollen, Kopfschlagen, Kaubewegungen, Stirnrunzeln, Zähneknirschen, Grimassieren, Zupfen an den Lippen, der Nase, an der Bettdecke.
Psychosen nach Apoplexie, oder bei Trinkern.
Psychosen in der Pubertät, bei verspäteter Menarche oder bei Amenorrhoe.
Wochenbettpsychosen (Bell., Plat., Puls...).
Hirngeschädigte Kinder. Schulschwierige Kinder (Agar., Bar-c., Calc., Phos., Syph...).
Konvulsionen bei Neugeborenen (Art-v., Cupr., Thyr...).

Kongestive, betäubende Kopfschmerzen in allen Teilen des Kopfes, drückend, als würde das Gehirn zusammengepreßt, als ob es zu groß sei; pulsierend, reißend, stechend, mit Kopfrollen, Kissenbohren, Stöhnen, Schreien und Erbrechen.
Augen nach oben verdreht, Schielen. Leerer, stumpfer, müder Blick.
Eingesunkene, meist halboffene Augen.
Bindehäute kongestioniert, Pupillen erweitert; Photophobie.
Ausfallen der Augenbrauen (Anan., Kali-c., Nit-ac...).
Schmutzige trockene Nasenlöcher, spitze Nase; reibt oft die Nase (Agar., Bell., Cina...).

Gesicht blaß, ödematös, verzerrt, livide, mit kaltem Schweiß (Ars., Carb-v., Verat...).
Linksseitige Gesichtsneuralgie; so empfindlich, daß er nicht kauen kann.
Wunde Mundwinkel (Cund., Nit-ac...), aufgesprungene trockene, dunkle Lippen;
zupft an den Lippen bis sie bluten (Arum-t., Zinc...).
Ständige Kaubewegungen (Cic., Cina, Moschus, Stram...).
Herabfallen des Unterkiefers (Bapt., Carb-v., Mur-ac., Op...).

Schrecklicher Mundgeruch. Aphten und Geschwüre im Mund und auf der Zunge mit Speichelfluß. Offenstehender Mund (Bar-c., Laur., Mur-ac., Op...).
Gastroenteritis; Wundheit, Drücken und Brennen im Magen bei jeder Bewegung; Auftreibung des Abdomens; Kolik mit Durchfall; der Stuhl besteht nur aus durchsichtigem, farblosem zähem Schleim (Aloe, Colch., Rhus.t...).
Renaler Ascites (Apis, Ars., Dig., Ter...).

Nephritis, besonders Scharlachnephritis mit Wassersucht (Apis, Cupr-ars., Nat-s., Ter...).
Urämie mit Gehirnsymptomen (Apis., Hydr-ac., Stram., Verat-v...).
Nierenstauung mit plötzlichen ausgedehnten Ödemen (Apis, Ars., Dig., Ter...).
Häufiger Harndrang, oft nur wenig dunkler, blutiger Urin mit kaffeesatzartigem Sediment.
Zystitis nach Blasenoperation (Arn., Staph...).
Amenorrhoe durch Heimweh, Liebeskummer, auch durch Naßwerden (Puls...).
Eklampsie mit Albuminurie in der Schwangerschaft und bei Wöchnerinnen.
Ödematöse Schwellung des Uterus (Apis, Colch., Dig., Lyc...).

Hydrothorax (Apoc., Kali-c., Merc-sulf...).
Puls langsam und klein, langsamer als der Herzschlag.
Herzdekompensation; Kollaps mit allgemeiner Kälte und Schwäche (Ars., Hydr-ac...).

Muskel- und Gliederzucken. Eingeschlagener Daumen (Calc-c., Cupr...).
Automatische Bewegungen eines Armes oder eines Beines, bei Lähmung der anderen Seite.
Die Arme bewegen sich unaufhörlich, automatisch, außer während des Schlafes.
Die Glieder sind schwer und schmerzhaft; Dehnen und Strecken der Glieder.
Bohrende stechende Schmerzen in Hand-, Finger-, Hüft-, Knie- und Fußgelenken.
Stechende bohrende Periostschmerzen bei abgemagerten und entwicklungsgestörten Kindern.
Allgemeine Muskelschwäche, bis zur Lähmung; mit Ödemen.
Bei fehlender Aufmerksamkeit versagen die Muskeln ihre Dienste, er taumelt oder läßt etwas fallen.
Schmerzlosigkeit gewöhnlich schmerzhafter Beschwerden (Op., Stram...).

Wassersucht, kardiale und renale Ödeme.
Angioneurotische Ödeme (Antip., Medusa, Proteus...).
Haare und Nägel fallen aus (Ars., Graph., Thuja...). Haarausfall besonders am Hinterkopf.
Ulzera der Beine. Lupus vulgaris.

Unterdrückte Hautausschläge oder schlecht herauskommende Exantheme (Bry., Dulc., Psor., Zinc...).
Oft Folge zurückgetretener Exantheme, unterdrückter oder ausbleibender Regel oder Folge enttäuschter Liebe.

MODALITÄTEN:
Verschlimmerung:
• durch geistige oder körperliche Anstrengung
• durch kalte Luft, durch Abdecken, im Winter
• durch Berühren
• zwischen 16 und 20 Uhr
• abends und nachts, bis morgens
• durch Unterdrückung von Exanthemen
• durch Unterdrückung und Ausbleiben der Regel
• Menarche, Pubertät
• Zahnung
• Ärger, Schreck, Heimweh, unglückliche Liebe
• Zureden, Trösten
Besserung:
• in warmer Luft, durch Einhüllen
• wenn man ihn in Ruhe läßt

MIASMATIK:
In den Symptomen dieser Arznei zeigt sich deutlich die Psora.
Nicht zu übersehen sind Zustände, die uns an eine hereditäre Syphilis und an eine syphilitische Tuberkulinie erinnern.
Bei Folgen von Impfung - Vakzinose - muß man ebenfalls an Helleborus denken.

© 2001, Dr. Wolfgang Mettler

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