Auszug: Vortrag Dr. W. Mettler ( 21.1.2000, Wolfsburg)
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Es gibt zu diesem Thema drei Schwerpunkte:
Im ersten Teil sehen wir uns die miasmatische Ausgangslage des Krebsgeschehens oder des „Krebsprozesses“ an. Hier spielt die Vererbung eine außerordentliche Rolle, aber auch die den Krebs auslösenden Momente (nicht verursachenden).
Dann gehen wir als zweites auf die verschiedenen „Auslöser“ ein:
Zum Dritten gehe ich kurz auf die Vorerkrankungen des Krebses (Präkanzerosen) ein.
Danach zeige ich Ihnen die Kriterien eines vollständigen Symptoms für den fortgeschrittenen Krebs; ich habe mir dabei erlaubt, das „vollständige Symptom“ von Clemens von Bönninghausen etwas zu modifizieren/erweitern.
Daran anschließend gebe ich Ihnen noch die Beschreibung einer (eingeschränkten) Auswahl von Krebsen mit beigefügten Arzneitipps. Zum Schluss einige Fälle aus der Praxis.
- Miasmatik zum Krebsgeschehen -
Um die Miasmatik des erworbenen Krebses zu verstehen, müssen wir uns zuerst den Unterschied zu Begriff „Kanzerinie“ klar machen. Bei der Kanzerinie haben wir es mit allen drei Miasmen zu tun, die durch den Erbgang miteinander verschmolzen sind (J.H. Allen - Tuberkulinie - kombinierte hereditäre miasmatische Belastung).
Beim erworbenen Krebs bildet sich als Endprodukt ein manifester Krebs, dem verschiedene miasmatische Prozesse und auslösende Komponenten vorausgehen.
Es sind dann beim erworbenen Krebs auch alle drei Miasmen vorhanden, die in diesem Fall aber nicht hereditär verschmolzen sein müssen.
Die Ätiologie kann somit beim erworbenen Krebs unterschiedlich sein, wobei mit Ätiologie immer Miasma gemeint ist. Das bedeutet, daß wir eine unterschiedliche miasmatische Ausgangslage haben können, zu der sich dann noch andere erworbene Komponenten hinzugesellen. Darauf kommen wir noch genauer zu sprechen.
Was beim erworbenen Krebs aber immer da sein muß, ist mindestens eine hereditäre Komponente, mindestens ein hereditäres Miasma. Das muß also nicht immer eine Kanzerinie sein; das kann eine hereditäre Syphilis oder eine hereditäre Sykose sein; sehr oft ist es eine Tuberkulinie.
Wenn wir von der Anlage zum Krebs sprechen, müssen wir folgendes wissen: Ist in der Familienanamnese (Primärmiasmatik) kein Krebs zu finden, so bedeutet das nicht, daß keine Kanzerinie vorliegen kann; andere krankhafte Zustände können ebenso hinweisend sein.
Wir müssen bedenken, daß nicht der Krebs als Krankheitsprodukt vererbt wird, sondern die Anlage dazu.
Diese Anlage kann sich in unterschiedlichen „Auswüchsen“ zeigen. Ich habe schon gesagt, daß zum Krebs immer mindestens eine hereditäre miasmatische Komponente notwendig ist.
Es gibt keine erworbene Kanzerose im Sinne einer Infektion wie wir es von Syphilis und Sykose her kennen. Es gibt einige Autoren, die den Krebs für ansteckend halten; auch Clarke hält den Krebs für „langsam ansteckend“.
In der Schulmedizin werden Fälle aufgeführt, in denen z.B. ein Patient einen Peniskrebs hat, seine Partnerin einen Krebs der Portio; das wird als Ansteckung gewertet. Hier können aber nach unserer Ansicht ganz andere Faktoren und andere Umstände eine Rolle spielen; es könnte z.B. eine Sykose im 2. oder 3. Stadium übertragen worden sein auf entsprechender Anlage. Dieser Bereich läßt Spielraum für Spekulationen; falls es eine Infektion durch Krebs geben sollte, so zeigt sie nicht die typischen der uns bekannten chronischen Krankheiten.
Wir wissen auch, daß, wenn man eine Kombination mehrere Miasmen in sich trägt, es zum Ausbruch der Krankheit nicht kommt durch ein Zusammentreffen mit einem Krebskranken (also Ansteckung), sondern daß es eines Auslösers bedarf.
Sicher ist aber auch, daß man mit einer kanzerinischen Belastung hypererg ist für eine Krebserkrankung, aber nicht für eine Ansteckung, sondern besonders leicht auf auslösende Faktoren reagiert.
Das ist jedenfalls unser Standpunkt.
Wenn es zum Krebs kommt, treffen wir also alle drei Miasmen in aktiver Form an, einige verschmolzen (Tub.), andere kombiniert (§ 40 Organon).
Sehr oft eine erworbene Sykose oder eine erworbene Syphilis auf eine Tuberkulinie.
Man kann die verschiedenen Miasmen am Krebs selbst erkennen, mal mehr, mal weniger. J.H. Allen hält das Erkennen der verschiedenen miasmatischen Anteile für ein Kinderspiel für jene, die die Miasmen studiert haben.
Samuel Hahnemann hielt den Krebs für eine Krankheit psorischen Ursprungs (S.9, CK), oder entstanden aus einer Kombination von Psora und Syphilis.
Die Psora muß dabei aber zumindest hereditär sein und unterdrückt.
In seine CHRONISCHEN KRANKHEITEN schreibt er (S.17):
„Eine so große Flut von zahllosen Nervenübeln, schmerzhaften Leiden, Krämpfen, Geschwüren (Krebsen), Afterorganisationen usw......gab es in den älteren Zeiten, wo die Psora noch meist auf ihr äußeres, fürchterliches (doch für das innere Übel vikariierendes) Hautsymptom, den Aussatz, sich beschränkte, lange nicht; bloß in den letzten drei Jahrhunderten ward und wird die Menschheit von ihr überströmt, aus der eben angeführten Ursache“ - also der Unterdrückung.
An anderer Stelle (S.84 CK) schreibt er:
„Hat der sogenannte Mutterkrebs einen anderen Ursprung als jenes (Psora-) Siechthum?
oder (S.86, CK):„Haben wohl die verschiedenen Abarten von sogenanntem Brustkrebse einen anderen Grund als dieses Psora-Siechthum?
Im § 205 Organon weist Hahnemann auf die verbreitete Kombination Psora und Syphilis hin und erwähnt die erschwerte Behandlung, wenn eine Kombination
mit den venerischen Krankheiten besteht (auch CK S. 72, 80, 96). In diesem Paragraphen 205 weist er sehr deutlich auf die Unsinnigkeit einer lokalen Behandlung des Krebses hin, da er ja nur Produkt ist, nicht aber die Krankheit selbst.
Hier ein Auszug aus der Anmerkung zum § 205:
„Ich kann daher z.B. nicht zur örtlichen Ausrottung des sogenannten Lippen- oder Gesichtskrebses (einer Frucht weit entwickelter Psora? nicht selten mit Syphilis in Vereinigung?) durch das kosmische Arsenik-Mittel raten, nicht nur weil es äußerst schmerzhaft ist und öfter mißlingt, sondern mehr deshalb weil, wenn ja dieses Mittel die Körperstelle von dem bösen Geschwür örtlich befreiet, das Grundübel doch hierdurch nicht zum kleinsten Teile vermindert wird, die Lebens-Erhaltungskraft also genötigt ist, den Herd für das innere große Übel an eine noch edlere Stelle (wie sie bei allen Metastasen tut) zu versetzen, und Blindheit, Taubheit, Wahnsinn, Erstickungs-Asthma, Wasser-Geschwulst, Schlagfuß u.s.w. folgen zu lassen.
Diese zweideutige, örtliche Befreiung der Stelle von dem bösen Geschwüre, durch das topische Arsenik-Mittel, gelingt aber obendrein nur da, wo das Geschwür noch nicht groß, und wo es nicht venerischen Ursprungs, die Lebenskraft auch noch sehr energisch ist; aber eben in dieser Lage der Sache ist auch die innere, vollständige Heilung des ganzen Ur-Übels noch ausführbar“.
Er äußert sich in dieser Anmerkung § 205 auch noch zur Operation des Krebses:
„Eine gleiche ist, ohne vorgängige Heilung des innewohnenden Miasmas, die Folge des, bloß durch den Schnitt weggenommenen Gesichts- oder Brust-Krebses und der Ausschälung der Balg-Geschwülste; es erfolgt etwas noch Schlimmeres darauf, wenigstens wird der Tod beschleunigt.
Dies ist unzählige Male der Erfolg gewesen; aber die alte Schule fährt doch bei jedem neuen Falle in ihrer Blindheit fort, gleiches Unglück anzurichten“.
Auch bei manchen schulmedizinischen Autoren wird der Syphilis eine hohe Bedeutung bei der Krebsentstehung zugeschrieben.
Arzt/Zieler: „Der Einfluß der Syphilis auf die Entwicklung des Krebses wird ganz verschieden beurteilt. Viele glauben, daß eine schlecht oder unbehandelte Syphilis die Krebsdisposition erhöhe und die Ausbildung einer Geschwulst begünstige“.
Touraine z.B. hält die Syphilis für eine der häufigsten karzinogenen Faktoren, und bei Krebskranken soll bis zu 80% eine frühere Luesinfektion bestehen.
Justus sah ein Sarkom auf dem Boden einer Lues ulzerosa.
Beck berichtet über Sarkom und Karzinom auf einem chronischen Ulcus bei kongenitaler Syphilis.
„Manchmal entsteht auf der Grundlage eines Gummas oder der Narbe eines tertiären Syphilids in der weiteren Folge ein Krebs. Diese Karzinome zeichnen sich durch eine besondere Neigung zu Rezidiven und zu Metastasenbildung aus. Auch in Sklerosenarben und in Resten nach sekundär luetischen Erscheinungen (Kondylomata lata) und selbst bei kongenitaler Lues wurden in einigen Fällen Krebsentwicklung beobachtet. Dem anatomischen Aufbau nach liegen Stachelzellenkrebse vor“. (Jadason).
J.H. Allen hält die Entstehung eines Krebses in den meisten Fällen für die Folge einer Kombination von erworbener Sykose auf dem Boden einer Tuberkulinie, wobei die sykotischen Lokalübel unterdrückt werden. Im Endeffekt haben wir dadurch alle drei Miasmen am Werk.
Hier einige Zitate aus seinen (J.H. Allen) „Chronischen Miasmen“:
„Kanzeröse Erkrankungen, bösartige Geschwüre und ähnliche Krankheiten haben in der Regel alle Miasmen zur Grundlage und besonders das tuberkulöse und sykotische Element miteinander kombiniert. Natürlich kann die Psora bei den bösartigen Erkrankungen niemals außer acht gelassen werden; egal welches Element mit ihr verbunden sein mag, sie erzeugt sie alle. Tatsächlich stellt sie den Hauptgrund für alle Krankheiten oder Krankheitszustände dar“.
„Bei Epitheliomen ist die Pseudopsora oder die Tuberkulose das vorherrschende Miasma; sie wird ebenso beim tuberkulösen Lupus beobachtet. Die sykotische Vergiftung verleiht immer neue Kraft zu irgendwelchen bösartigen Erkrankungen. Dies sind die unheilbaren Fälle, in denen alle chronischen Miasmen auf diese abnormen Neubildungen einwirken“.
„Bei fibrösen Neubildungen sind alle Miasmen vorhanden; die Verdrängung anderer Gewebe durch die dichte weiße fibröse Neubildung, uns als Fibrome bekannt, beruht auf einer der tiefsten und grundlegendsten miasmatischen Veränderungen, die man sich vorstellen kann“.
„Bei Erkrankungen, wie Erysipelen, karzinomatösen Hauterkrankungen, Epitheliomen und Lupus sind alle Miasmen vorhanden......“.
Grimmer hält die Tuberkulose besonders nah mit Krebs verwandt. Er schreibt:
„Nachkommen tuberkulöser Eltern haben oft eine starke Krebsneigung, und umgekehrt haben die Kinder krebskranker Eltern häufig Tuberkulose......
Meine Erfahrung zeigt, daß es keinen Krebsfall ohne tuberkulinischen Hintergrund gibt“.
Auch mein Lehrer, Prof. Mathias Dorcsi, hat immer wieder darauf hingewiesen, daß man beim Krebs immer die Tuberkulose in der Nähe findet.
Wir haben nun verschiedene Ansichten gehört über den möglichen Hintergrund der Krebsentstehung. Wir werden das Verhalten der Miasmen nun genauer betrachten. Dazu möchte ich mich an Untersuchungen der Krebsforschung, besonders an Beobachtungen von Prof. Schinz und Dr. Buschke anlehnen.
Als möglichen Leitgedanken möchte ich folgende Frage in den Raum stellen:
Ich möchte Ihnen im Folgenden, auf diesen Punkten aufgebaut, die drei verschiedenen miasmatischen Ausgangslagen vorstellen:
Bei diesen Konditionen ist die Lokalisation des Krebses sowie die Krebsart in der Anlage fast immer festgehalten. Z.B. ist das Retinagliom ausgesprochen erblich.
Die Lokalisation kann sich dabei auch auf das Organsystem beziehen. Hierzu einige interessante Ergebnisse aus der Zwillingsforschung: Folie auflegen
(... Erklärung zur Statistik....)
Warum gerade die Tuberkulinie? Sie erinnern sich an das letzte Jahr und unsere Gedanken über die Tuberkulinie. Hahnemann hatte beobachtet, daß sich die Sykose und die Syphilis nur sehr selten zusammen gesellen, und wenn, dann immer mit der Psora, denn die Psora geht im aktiven Zustand sehr schnell und leicht solche Verbindungen ein.
Bei der Tuberkulinie unserer Patienten haben wir nun eine hereditäre Verschmelzung von Psora und Sykose oder Psora und Syphilis; also haben wir eine Sykotische und eine Syphilitische Tuberkulinie als Grundlage. Dazu kommt dann ein erworbenes Miasma des Patienten - meist eine Sykose - um das Dreigestirn vollständig zu machen. Damit es aus dieser Kombination aber zum Krebs kommt, sind dann weitere Faktoren notwendig. Eine allgemeine Organanfälligkeit ist hereditär angelegt.
Die genaue Lokalisation des Krebses wird aber auch vom erworbenen Miasma mitbestimmt.
Als Beispiel soll uns der Lippenkrebs oder der Zungenkrebs dienen. Diese Erkrankungen sind in der Mehrzahl der Fälle weniger hereditär bestimmt. In diesen Fällen spielt - meist auf einer tuberkulinischen Ausgangslage - eine erworbene Syphilis eine ausschlaggebende Rolle. Auslöser ist dann oft das regelmäßige Rauchen von Pfeife oder Zigarre/Zigaretten; also eine ständige Reizung des Miasmas. Das entstehende Geschwür zeigt dann den typischen Charakter des syphilitischen Prozesses.
An dieser Stelle kurz auf das Prozeßhafte der Miasmen eingehen.
Schon Fournier nannte den Tabak wie auch den Alkohol den Freund der Syphilis. Man sollte aber wissen, daß nicht jeder Lippen- oder Zungenkrebs syphilitisch sein muß. Man kann allerdings auch feststellen, daß gerade im Mundbereich die Syphilis meist das ausschlaggebende Miasma ist.
Ein anderes Beispiel, das wir sehr oft sehen, ist eine „tuberkulinische“ Frau, die sich eine Sykose zugezogen hat. Diese Sykose wird „natürlich“ unterdrückt. Dieses scheint die aggressivste Kombination zu sein. (J.H. Allen). Nun bekommt diese Frau einen Schlag auf die Brust, mit Hämatom usw....
(Mammographie kann denselben Effekt auslösen).
Was kann passieren?
Nach einigen „Brückenerscheinungen“ - ich erkläre den Ausdruck gleich - beginnt sich ein Brustkrebs zu entwickeln.
„Brückenerscheinungen“ werden in der Schulmedizin Symptome genannt, die, ......usw. ...........)
Sie werden auch bei den stärksten Intoxikationen feststellen, daß ohne hereditäre Grundlage, auch bei noch so konstanten Reizen, es zu keiner bösartigen Krebsbildung kommt.
Das sind dann z.B. jene Patienten, von denen man folgendes hört: „Mein Opa ist 95 Jahre alt geworden und hat bis zum Schluß seine Pfeife geraucht und hatte trotzdem Nichts an der Lunge“.
(........weiter: Auslöser.......)
Auszug aus dem Vortrag von Dr. W. Mettler (21.01.2000, Wolfsburg)
Hinweis: Das dreigliedrige "Miasmatische Krebsmodell" ist aus der Forschungsarbeit von I. Edbauer
Hinweis: Ergebnis der Stammbaumforschung
Buchausschnitt:
Schinz/Cocchi/Neuhaus, Zürich, 1948